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Freitag, 13. Juli 2012

Der steinige Weg zum Sieg in meiner Altersklasse bei der Ironman Europameisterschaft in Frankfurt


Die Ironman Europameisterschaft in Frankfurt war in diesem Jahr mein wichtigster Triathlon Wettkampf. Ich konnte es kaum abwarten, bis der 8. Juli endlich vor der Tür stand. 

Leider kämpfte ich seit Anfang des Jahres mit Entzündungen und chronische Muskelverhärtungen und musste 10 Wochen vor dem Ironman in Frankfurt erneut eine Laufpause einlegen, da ich mir eine Entzündung im Oberschenkel zugezogen hatte und Lauftrainings somit völlig unmöglich waren.  Ich entschied mich, das Laufen für ein paar Wochen komplett zu streichen, es gar nicht erst zu versuchen, bis die Entzündung ausgeheilt war. Dafür habe ich umso mehr Zeit in Rad- und Schwimmtraining investiert. 

Doch ich wollte endlich der Ursache auf den Grund gehen und bin somit 2-3 Mal die Woche zum Physio- und Chirotherapeuten und auch zu meinem Sportarzt gegangen. Ich wurde mehrmals die Woche massiert. Auf meinem Tagesplan war nun morgens und abends fix ein Stabilisationstraining eingeplant. Ich war zuversichtlich, dass 8 Wochen ausreichend sind, um wieder soweit gesund zu sein, dass ich wenigstens noch in der zweit letzten Woche vor dem Wettkampf ein wenig mit dem Lauftraining beginnen konnte. Zum Glück ging die Rechnung auf! Anfangs waren es 10 Minuten, die harzig und noch nicht schmerzfrei waren, aber binnen 1.5 Wochen konnte ich mein Lauftraining auf 50 Minuten erhöhen, was schon ein grosser Fortschritt war. Die letzte Woche habe ich bewusst kein Lauftraining mehr gemacht, um auf den wichtigsten Tag in dieser Saison fit zu sein. Was sich im Nachhinein auch als die einzig beste Entscheidung herausgestellt hat.

Als wir am Mittwochabend in Frankfurt angekommen sind, ist meine Vorfreude auf den Event mit jeder Stunde gestiegen. Ich hatte meine Bedenken, ob es mit dem Laufen klappen würde oder nicht, versucht aus meinem Kopf auszuschalten und habe mich umso mehr auf die Vorbereitungen konzentriert. So ging es dann auch am nächsten Tag auf eine geführte lockere Ausfahrt der Wettkampfs-Radstrecke. Das Wetter war toll, wir hatten warme Temperaturen und viel Sonnenschein. Am Freitag war kompletter Ruhetag angesagt und am Samstag ging es dann zum Bike Check-In. 

Der Race-Morgen war gekommen. Um 4:00 Uhr klingelte der Wecker! Als wir in die Wechselzone kamen, nahm ich die Schutzhülle vom Rad weg und  stellte fest, dass sich beim Vorderrad eine Speiche gelöst hatte und mein Rad eine komplette Acht gemacht hat. Alles justieren der Bremsen half nichts, mein Vorderrad war kaputt. Keine Panik, dachte ich mir, der Bike-Service ist ja da und kann mir bestimmt helfen oder mir im schlimmsten Fall sogar ein Ersatzrad geben. Leider war dem nicht so! Weder Reservematerial noch Reserveräder waren beim Bike-Mechaniker  vorhanden. Da war ich zuerst einmal völlig fassungslos, da ich wusste, dass ich ohne ein neues Rad nicht am Rennen teilnehmen konnte und es war nicht genügend Zeit, um ins Hotel zurück zu fahren. Pablo reagierte blitzartig. Er nahm mein kaputtes Vorderrad, rannte aus der Wechselzone heraus und verschwand in der Zuschauermenge. 30 Minuten wartete ich bei meinem Rad und sah zu, wie die anderen Athleten ihre Bikes fürs Rennen parat machten. Ich wurde zunehmend nervöser. Plötzlich sah ich Pablo mit einem Rad in der Hand auf mich zukommen. Er hatte tatsächlich ein Ersatzrad auftreiben können. Mein Herz machte Luftsprünge! Pablo war mein Held und Retter des Tages! Während 30 Minuten hat Pablo alle Leute, die an diesem Morgen zum Schwimmstart gekommen waren, gefragt, ob sie mir ein Vorderrad leihen, damit ich am Wettkampf teilnehmen konnte. Wir hatten ein riesen Glück, denn es gab ein Paar vor Ort, die ein Reserverad dabei hatten und mir ihres ausliehen. Dann musste alles schnell gehen, denn es blieb uns nicht mehr viel Zeit bis der Startschuss fiel! 

Als ich aus dem Wasser herauskam, hatte es bereits angefangen leicht zu regnen. Regen für den Sonntag war vorausgesagt gewesen, daher war ich nicht überrascht, obwohl ich den Regen natürlich erst auf den Nachmittag gewünscht hatte. Der Regen wurde zunehmend stärker und auch die Windstärke hat mit jeder Stunde zugekommen. Ich hab versucht, das Beste aus der Situation zu machen, hab mich auf dem Rad so klein wie nur möglich gemacht. Ich hatte versucht, da wo es möglich und ungefährlich war die Geschwindigkeit enorm zu erhöhen, um die verlorene Zeit durch das viele Abbremsen vor den Kurven wieder zurückzugewinnen. Trotz des Wetters und meinen Bedenken eine langsame Radzeit zu machen, kam ich nach 5:13h in die Wechselzone und hatte die schnellste Frauen-Amateur-Radzeit gemacht. Ich hatte ein riesen Glück, dass ich während dem Radfahren keinen Sturz und keinen Platten hatte. Unzählige Athleten, darunter auch mein Freund Pablo, sind zum Teil heftig gestürzt und mussten aufgrund von Platten oder anderen Raddefekten das Rennen beenden.

Lucia Thalmann in strömendem Regen auf der IM-Radstrecke in Frankfurt - 8.7.2012

Ich stieg vom Rad ab und rannte zu meinem Lauf-Sack. Als ich die ersten Schritte gerannt bin, konnte ich es fast nicht glauben, doch zum ersten Mal, seit ich vor 2 Jahren mit dem Triathlon angefangen hatte, konnte ich von Beginn an schmerzfrei laufen! Wow, war das ein tolles Gefühl! Die ersten Kilometer bin ich dann doch zu schnell losgerannt. Das lag wohl daran, dass ich mich riesig gefreut hatte, endlich den dritten und letzten Teil in Angriff zu nehmen. Pablo musste leider sein Rennen abbrechen, da er sich durch den Sturz mit dem Rad verletzt hatte und sein Bike so demoliert war, dass er nicht mehr damit fahren konnte. Deswegen konnte mich Pablo während meines ganzen Marathons unterstützen. Dank seiner unglaublich professionellen Unterstützung hatte ich bald einen guten Rhythmus gefunden, den ich dann mehr oder weniger konstant die gesamten 42.2km durch laufen konnte. Pablo hat mir in regelmässigen Abständen die Zeiten durchgegeben und wusste bestens Bescheid, wo sich meine Verfolgerinnen auf der Strecke befanden. Ich hatte kein einziges Mal zurück geschaut und hab stattdessen einfach mein Rennen gemacht. Als ich nach knapp 3.5 Stunden endlich das letzte Band um meinen Arm streifen durfte und nur noch wenige Meter bis zum Ziel zu laufen hatte, hatte ich ein unglaubliches Glücksgefühl in mir. Dann kam der Zieleinlauf über den roten Teppich und mit einem strahlenden Lachen und einer riesen Erleichterung gesund und ohne Verletzungen den Ironman gefinisht zu haben, bin ich nach 10:06h über die Ziellinie in Pablo’s Arme gerannt!

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